Nach Gewalt durch "La Familia" folgt massive Anklage

Es ist ein Strafantrag mit gesellschaftspolitisch brisantem Hintergrund, den die Staatsanwaltschaft jetzt gegen insgesamt 26 Beschuldigte eingebracht hat: In unterschiedlicher Tatbeteiligung sollen 24 Burschen bzw. junge Männer sowie zwei Mädchen im Alter zwischen 16 und 32 Jahren insgesamt rund 50 Gewalttaten verübt haben. Die Palette der Delikte reicht von (schwerer) Körperverletzung über Nötigung und gefährliche Drohung bis hin zu Sachbeschädigung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Alle Beschuldigten haben Migrationshintergrund: Zwei Drittel von ihnen sind Türken oder Österreicher mit türkischen Wurzeln. Sie leben fast durchwegs im Pongau, großteils im Raum St. Johann.

Der Hälfte der Beschuldigten - konkret 13 Burschen zwischen 18 und 20, die teils schon vorbestraft sind - wird im Strafantrag auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angelastet. In einer großen Polizeiaktion kurz vor Weihnachten waren zehn von ihnen verhaftet worden. Sie sollen sich als kriminelle Bande organisiert und diese "La Familia" genannt haben - in Anlehnung an ein mexikanisches Drogenkartell. Etliche von ihnen traten in eigenen, mit überkreuzten Krummsäbeln bedruckten Jacken mit der Aufschrift "Ich bleib Ghetto" auf. Sie prahlten laut Polizei mit ihrer Kampfsportausbildung und "Outlaw-Mentalität". Dutzende Straftaten sollen auf das Konto der Bande gehenInsgesamt sollen die mutmaßlichen Mitglieder von "La Familia" zwischen März und Dezember 2014 drei Dutzend aller der im Strafantrag angeführten 51 Gewalttaten verübt haben. Die übrigen Angeklagten haben zum Teil nur je eine Straftat zu verantworten. Im Fall von "La Familia" ging es meist um das - so der zuständige Staatsanwalt - "nachhaltige Terrorisieren" von insgesamt über einem Dutzend Opfer, die ebenfalls fast durchwegs aus Migrantenfamilien stammen.

Motiv für die Übergriffe laut den Behörden: Wer gegen ein Mitglied von "La Familia" gewesen sei oder über die Bande schlecht geredet habe, wurde demnach nicht mehr in Ruhe gelassen, massiv eingeschüchtert, bedroht, verprügelt. Wie Polizeichef Franz Ruf betonte, hätten sich die Mitglieder schon als "Staat im Staat" gefühlt, als Teil einer "kriminellen Parallelgesellschaft".

Einige der massivsten Vorfälle, zu denen es fast durchwegs im Pongau kam: Fünf Bandenmitglieder sollen im November einen Burschen mit Schlagring und wuchtigen Tritten derart malträtiert haben, dass dieser eine Trommelfellperforation erlitt. Vorfall in der Disco "Atrium West" Bei einem Vorfall in der Disco "Atrium West" in der Stadt Salzburg soll sich ein halbes Dutzend Burschen der Gruppe mit fünf anderen jungen Leuten, die jetzt ebenfalls (mit)angeklagt sind, einen wüsten Raufhandel geliefert haben. In derselben Nacht sei dann nahe der Disco von einigen der Hauptangeklagten ein Bursch brutalst verprügelt worden: Im Strafantrag ist von Kung-Fu-Tritten gegen den Kopf des auf dem Boden liegenden Opfers und vom Zerschlagen einer Glasflasche auf dessen Kopf die Rede. Mehrmals sollen auch jeweils einige Hauptangeklagte auf der Straße Autos ihrer Opfer überholt, sie zum Stehenbleiben genötigt und dann die Insassen malträtiert und massiv bedroht haben.

Mittlerweile sind laut Rechtsanwalt Kurt Jelinek - er verteidigt acht der 26 Beschuldigten - nur noch fünf Burschen in U-Haft. "Eine Reihe der Vorwürfe sind klar überzogen", sagt Jelinek. Für den Mega-Prozess am Landesgericht gibt es noch keinen Termin. Das Verfahren wird von Jugendrichterin Christina Rott geführt. Mitverhandelt wird auch der Strafantrag rund um den Platzsturm von Bischofshofen. Am 23. Juli waren bekanntlich Fußballer des israelischen Erstligisten Maccabi Haifa von jungen Pongauer Muslimen attackiert worden. Zwei der mutmaßlichen Angreifer sollen führend bei "La Familia" tätig gewesen sein.

Landesrätin Berthold lädt aus gegebenen Anlass den Bürgermeister von St. Johann gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Integrationsvereinen, Polizei und Jugendarbeit zu einem "Runden Tisch" ein.

Bild: SN

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