Polizist löschte "irrtümlich" alle Abhördaten in Drogenverfahren

 

 

Es war einer der bis­lang größ­ten Dro­gen­pro­zesse in Öster­reich: das Salz­bur­ger Schöf­fen­ver­fah­ren gegen ins­ge­samt 14 Ange­klagte wegen des Vor­wurfs des ban­den­mä­ßi­gen Han­dels mit – laut Anklage – fast 14 Mil­lio­nen Stück sucht­gift­hal­ti­gen Cap­ta­gon-Tablet­ten.

Nach mehr­mo­na­ti­gem Schöf­fen­pro­zess am Lan­des­ge­richt wur­den letzt­lich acht Ange­klagte, das Gros mit liba­ne­si­schen wur­den letzt­lich acht Ange­klagte, das Gros mit liba­ne­si­schen bzw. ara­bi­schen Wur­zeln, im März 2022 zu mehr­jäh­ri­gen Haft­stra­fen ver­ur­teilt; sechs unter­ge­ord­net Ange­klagte wur­den frei­ge­spro­chen. Die acht Ver­ur­teil­ten sol­len dem Erst­ge­richt zufolge mit wei­te­ren Mit­tä­tern letzt­lich zumin­dest 3,32 Mil­lio­nen Cap­ta­gon-Pil­len vom Liba­non über Bel­gien und Deutsch­land in den Flach­gau geschmug­gelt haben. Dort seien die amphet­amin­hal­ti­gen Tablet­ten in einer Piz­ze­ria in Piz­zaö­fen umver­packt bzw. ein­ge­baut und die Geräte dann nach Saudi-Ara­bien ver­schifft wor­den – zum Ver­kauf mit Mega­ge­winn.

SN-Recher­chen zufolge kam es in dem noch nicht rechts­kräf­tig abge­schlos­se­nen Groß­ver­fah­ren – die Ver­ur­teil­ten mel­de­ten alle­samt Nich­tig­keits­be­schwerde gegen die Schuld­sprü­che an – bereits im heu­ri­gen Som­mer zu einer veri­ta­blen (Poli­zei-)Panne:

Dem­nach hat ein Poli­zei­be­am­ter des Wie­ner Innen­mi­ni­ste­ri­ums aus der Sek­tion IT und Ser­vice sämt­li­che Daten aus der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung (TKÜ) zu dem Mega­ver­fah­ren „ver­se­hent­lich unwie­der­bring­lich gelöscht“. Zum Hin­ter­grund: Über meh­rere Jahre waren im Cap­ta­gon-Ermitt­lungs­ver­fah­ren die Tele­fonate zwi­schen den Ange­klag­ten abge­hört wor­den. Nach den SN vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen habe der besagte Poli­zist im BMI-Refe­rat, zustän­dig Cap­ta­gon-Ermitt­lungs­ver­fah­ren die Tele­fonate zwi­schen den Ange­klag­ten abge­hört wor­den. Nach den SN vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen habe der besagte Poli­zist im BMI-Refe­rat, zustän­dig für die Archi­vie­rung von TKÜ­D­aten aus Straf­ver­fah­ren, die „ver­se­hent­li­che Löschung“aller TKÜ-Daten aus dem Cap­ta­go­n­Akt in der Folge zwar bemerkt – der Lösch­vor­gang sei aber nicht mehr auf­zu­hal­ten gewe­sen. Auch ein sofor­ti­ger Wie­der­her­stel­lungs­ver­such durch eine IT-Firma sei erfolg­los gewe­sen.

RA Kurt Jeli­nek, Ver­tei­di­ger eines der ver­ur­teil­ten Ange­klag­ten, ist ob der Poli­zei­panne „fas­sungs­los“: Es sei „skan­da­lös, was hier pas­siert ist. Die Frage nach einer Daten­si­che­rung, die die­sen Namen auch ver­dient, drängt sich hier gera­dezu auf. Und das in einem Ver­fah­ren, in dem die Aus­wer­tung der TKÜ-Pro­to­kolle von zen­tra­ler Bedeu­tung ist.“Auch sein Rechts­an­walts­kol­lege Phil­ipp Wolm, er ver­tritt den Haupt­an­ge­klag­ten und mut­maß­li­chen „Öster­reich-Chef“ der – laut Erst­ur­teil – inter­na­tio­nal agie­ren­den Bande, pflich­tet Jeli­nek bei: „Unglaub­lich, was hier pas­siert ist.“

Diese Panne erhält übri­gens zusätz­lich Bri­sanz, da der Kron­zeuge bzw. Haupt­be­la­stungs­zeuge der Anklage damals nach­weis­lich mit jener Ara­bisch-Dol­met­sche­rin liiert war, die im Ermitt­lungs­ver­fah­ren Tau­sende TKÜ Pro­to­kolle über­setzt hatte.

 

 

 

red, krone.at
Bild: freepik.com

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